Markus Wissen (Politikwissenschaft Uni Berlin) eröffnete das Seminar mit einer kritischen Analyse der gegenwärtigen Vielfachkrise. Er zeigte auf, wie das kapitalistische System angesichts der Klimaerwärmung und den Grenzen der Externalisierung an seine Grenzen stößt. Lösungen wie eine rückwärtsgewandte autoritäre Stabilisierung oder grüner Katastrophen-Kapitalismus erscheinen weder sinnvoll noch zielführend. Stattdessen betonte Markus Wissen die Notwendigkeit einer solidarischen Perspektive mit Forderungen wie der Vergesellschaftung und demokratischen Kontrolle gesellschaftlicher Infrastruktur sowie dem Aufbau klimaangepasster, nachhaltiger Systeme zugunsten des Gemeinwohls.
Marion Grau von der Universität Oslo beleuchtete unter dem Titel „Gott, Öl und Gerechtigkeit: Theologien der Energie“ die Heilsversprechen des Kapitalismus insbesondere in Bezug auf die Mythen des Erdöls in Norwegen. Mit den jüdisch-christlichen Botschaften von Gerechtigkeit, Schutz der Schwächsten und solidarischer Umverteilung haben wir den Auftrag die kapitalistischen Heilsversprechen kritisch zu hinterfragen und nachhaltige Alternativen zu fördern.
Tobias Krupp (DGB) und Jonas Langen (ÖGB) präsentierten, wie Gewerkschaften den sozialökologischen Wandel aufgreifen.
In der nördlichen Region des Ruhrgebiets: Emscher-Lippe war man aufgrund des Endes des Steinkohleabbaus zur völligen Veränderung der Wirtschaft und Arbeit gezwungen. Tobias Krupp konnte uns von vielfältigen Ideen zur Transformation berichten.
Auch wenn vielfach in den österreichischen Gewerkschaften noch der Erhalt von Arbeitsplätzen im Mittelpunkt der Aktivitäten steht, gibt es durchaus Kräfte, die sich einer grundlegenden Änderung unserer Wirtschaftsweise bewusst sind und die über einen rein technologischen Wandel hinausgehen müssen.
Drei Exkursionen ergänzten die inhaltliche Auseinandersetzung mit praxisnahen Einblicken:
Bei Trimet in Gelsenkirchen konnten wir die Aluminiumrecycling-Technologie erleben, die zukünftig mit Wasserstoff den Weg zum „grünsten Aluminiumwerk“ anstrebt.
Die ehemalige Zeche Zollverein als Weltkulturerbe zeigte die historische Bedeutung des Steinkohleabbaus und stellte zugleich die Herausforderungen der Strukturwandelprozesse dar.
Die Klimakommune Saerbeck präsentierte eine erfolgreiche nachhaltige Gemeindepolitik, die Bürger:innenbeteiligung mit wirtschaftlichem Erfolg verbindet, etwa durch Bioenergiepark und Bildungsprojekte im Umweltbereich.
Klimabürger:innenräte sind immer häufiger Modelle zur demokratischen Beteiligung. Durch eine ausgewogene Repräsentanz in den Räten können umfassende und solidarische Lösungsansätze erarbeitet werden. Anja Salzer (Uni Bozen) stellte in ihrem Workshop ein praxisorientiertes Design-Tool zur Strukturierung solcher Räte vor.
Einen gesellschaftlichen Ansatz zur Krisenvorsorge zeigte Philipp Ackermann mit dem Konzept des „Solidarischen Preppens“. Anders als das oft individuell und rechts konnotierte Preppen setzt es auf Gemeinschaftssinn, Solidarität und kollektive Resilienz als Antwort auf die drohenden Auswirkungen der Klimakrise.
Zum Abschluss diskutierten wir mit Jan-Niklas Collet über die Neuausrichtung von sozialökologischer Transformation im Spannungsfeld von ökologischer Begrenzung und emanzipatorischer Freiheit. Collet unterstrich die Bedeutung eines Bewusstseinswandels und emotional überzeugender Vermittlung der sozialökologischen Ziele, um Handlungsfähigkeit inmitten der Krise zu gewinnen.
Mögliche Handlungsansätze für die KAB:
Gestohlenes Geld – gestohlene Zukunft: Gerechtigkeit für eine (über-)lebenswerte Welt
Raum für gutes Klima: „soziale Wärme – fossile Kälte“ – bei uns gehen die Lichter aus
Notwendige Vernetzung (wir sind als Arbeitnehmer*innenbewegung nur ein Teil derer, die hier aktiv sind)
Dieses Seminar zeigte, dass sozialökologische Transformation nicht nur eine technische oder politische Herausforderung ist, sondern eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung erfordert — getragen von solidarischer Mitbestimmung, demokratischer Teilhabe und gemeinschaftlichem Handeln.